Mario Draghi, bis vor wenigen Monaten EZB-Präsident, hat sich in einem Financial Times-Beitrag zu Wort gemeldet.
Vorab das Fazit (wer zu faul zum Lesen ist):
Er vergleicht die aktuelle Situation mit der Finanzierung der Staaten durch Gelddrucken im ersten Weltkrieg. Man muss sich Fragen: Warum bringt er diesen Vergleich? Unser Ergebnis: Damals wurde der Goldstandard von allen Kriegsparteien außer Kraft gesetzt. Mit dem Ergebnis einer massiven Abwertung aller Währungen, sowie Hyperinflationen und Währungsreformen.
Und heute im „Corona-Krieg“? Werden sämtliche Währungs-Stabilitätskriterien, sowie Schuldenbremsen von den „Kriegsparteien“ ebenfalls über Bord geworfen, um den „Feind zu besiegen“. Es wird die gleiche Politik wie damals betrieben. Sieht das Finale 2020 ähnlich aus wie vor 100 Jahren? Lesen Sie selbst!
Zunächst Draghis Artikel: https://www.ft.com/content/c6d2de3a-6ec5-11ea-89df-41bea055720b
Er fordert nach den Notkrediten einen anschließenden Schuldenerlass für Privat-personen und Unternehmen! Diese sollten nicht mit zusätzlichen Schulden belastet werden.
Zudem wirft er einen interessanten Vergleich mit der Staatsverschuldung aufgrund des ersten Weltkrieges auf, der uns als „Hobby-Finanzhistoriker“ aufhorchen lässt. Wir haben einen Teil seines Beitrages übersetzt:
„Der Einkommensverlust des Privatsektors – und alle Schulden, die zur Schließung der Lücke aufgenommen wurden – müssen schließlich ganz oder teilweise in die staatlichen Bilanzen aufgenommen werden.
Eine viel höhere Staatsverschuldung wird ein fester Bestandteil unserer Volkswirt-schaften sein und mit einem privaten Schuldenerlass einhergehen. Es ist die richtige Aufgabe des Staates, seine Bilanz zum Schutz der Bürger und der Wirtschaft vor Schocks einzusetzen, für die der Privatsektor nicht verantwortlich ist und die er nicht aufnehmen kann. Staaten haben dies angesichts nationaler Notfälle immer getan.
Kriege – der wichtigste Präzedenzfall – wurden durch die Erhöhung der Staatsverschuldung finanziert. Während des Ersten Weltkriegs wurden in Italien und Deutschland zwischen 6 und 15 Prozent der realen Kriegsausgaben aus Steuern finanziert. In Österreich-Ungarn, Russland und Frankreich wurden keine der laufenden Kriegskosten aus Steuern bezahlt. Überall wurde die Steuerbemes-sungsgrundlage durch Kriegsschäden und Wehrpflicht untergraben. Heute ist es die menschliche Not der Pandemie und die Abschaltung.”
Fazit: Die Kriegsterminologie setzt sich bei Draghi fort, der explizit den ersten Weltkrieg, als Vergleich für die aktuelle Situation anführt. Er mahnt an, dass sämtliche Versprechungen unserer Politiker („wir wollen möglichst alle Jobs behalten“, was nichts anderes als die Verpackung des Wunsches der ängstlichen Wähler in ein Lügenversprechen ist) völlig unrealistisch wären,
wenn der Staat und die EZB die Zeche nicht selbst bezahlen.
Doch was bedeuten diese finanzpolitischem „Kriegsmaßnahmen“ für unsere Währung und für Sie als Anleger?
Jedes Land muss nun unbegrenzt Geld drucken, wenn es keine massive Aufwertung seiner Währung erleben will. Die Geschichte des ersten Weltkrieges, den Draghi heranzieht, hilft auch hier weiter, um diesen Irrsinn zu verstehen:
Es hätte im Corona-Krieg beim US-Dollar eine ähnliche Situation wie nach dem ersten Weltkrieg mit dem Britischen Pfund gedroht, welches massiv aufwertete und eine hohe Arbeitslosigkeit in Großbritannien zur Folge hatte.
Kurzum: Die USA mussten – um die massive Flucht in den USD abzumildern – unbedingt nachziehen und noch mehr Geld drucken als der Rest der Welt.
Merke: Alle Staaten des ersten Weltkrieges konnten ihre Vorkriegsversprechen zur Einlösung in Gold nicht mehr einhalten! Die Kaufkraft erodierte. Wer dagegen – wie GB/England – seine Währung stabil gehalten hat, wurde mit einem Wirtschaftseinbruch und hoher Arbeitslosigkeit „belohnt“.
Es ist daher 2020 wichtig zu verstehen, dass ALLE großen Währungsblöcke sich in diesen „Kampf gegen Corona“ womöglich in Staatsausgaben übertrumpfen werden, um
A) die Wirtschaft irgendwie am Laufen zu halten und die Arbeitsplätze zu sichern und
B) ihre eigene Währung nicht aufwerten zu lassen (siehe Großbritannien 1925), da dann erst recht Druck auf den Arbeitsmarkt entsteht.
Das oberste Ziel aller Politiker und Notenbanken heißt nun:
INFLATION UM JEDEN PREIS! Nur mit einer hohen Inflation lassen sich die riesigen Staatschulden in Luft auflösen. Es scheint ein koordinierter Wettlauf zu sein, welche Währung zuerst den Sprung aus einer deflationären Spirale in die Inflation schafft. Eine Aufwertung der eigenen Währung durch umfangreiche Staatsausgaben, begleitet von umfangreichen Gelddruckmaßnahmen, muss verhindert werden. Wir wissen, dass dieses Denken im Sinne der „schwäbischen Hausfrau“ und für Verfechter der Österreichischen Schule krank anmutet. Aber es ist die Realität in der wir leben und die wir beurteilen müssen.
Fazit: Es ist daher die Zeit, sich aus Geldwerten sukzessive zu verabschieden, da wir angesichts der größten Gelddruckorgie der Geschichte nicht mehr an eine Depression a‘la 1929 bis 1932 glauben.
Die Frage ist also, wann die aktuelle Asset-Deflation in eine erneute Inflation, womöglich mit unserem „Crack-Up-Boom-Szenario“ umschlägt (was eine U– oder V-förmige Erholung bedeuten würde).